Henry Stapp hat eine neue Arbeit zur Quantentheorie auf seine Homepage gestellt. Anscheinend handelt es sich um die Einleitung zu einem neuen Buch. Ich habe mir erlaubt, den Text (größtenteils) zu übersetzen. Das Original findet sich hier.
Ein wohlwollendes Universum?
von Henry P. Stapp
Kümmert sich die Natur darum, wie wir uns fühlen? Zeigen ihre Handlungen irgendeine Sorge für unsere Freuden und Sorgen? Die gegenwärtige grundlegende physikalische Theorie sagt nein, aber eine anwanchsende Menge empirischer Forschung legt nahe, dass die als zufällig angenommenen Entscheidungen der Natur von menschlichen Gefühlen beeinflusst ist.
Bevor sich die moderne Naturwissenschaft durchsetzte, gab es den weit verbreiteten Glauben, dass die Natur, in die wir eingebettet sind, trotz der oft stattfindenden und für die Menschen katastrophalen Ereignisse, gelegentlich positiv auf unseren Gefühlszustand antwortet. Dann, zu Beginn des 18. Jahrhunderts, erklärten die Wissenschaftler, aufbauend auf den Ideen Isaac Newtons, die Natur zu einem ausschließlich mechanischen Prozess, der unser Leben mit einer brutalen Rücksichtslosigkeit gegenüber menschlichen Gedanken, Ideen und Gefühlen bestimmt.
Dieses mechanische Konzept der Natur wuchs aus der früheren Auffassung von Rene Descartes, dass es bestimmte Eigenschaften der Natur gibt, die besonders gut für eine mathematische Analyse geeignet sind. Diese sind die sogenannten physikalischen Eigenschaften. Es sind die Aspekte der Natur, die durch Zuschreibung mathematischer Eigenschaften auf Punkte in Raum und Zeit beschrieben werden können. Descartes unterschied diese physikalischen Eigenschaften von der psychischen Realität, die von unseren Gedanken, Ideen und Gefühlen geformt wird. Eine typische physikalische Eigenschaft ist die Position eines Teilchens zu einem bestimmten Zeitpunkt im dreidimensionalen Raum; oder die Geschwindigkeit oder Beschleunigung des Teilchens. Eine typische psychische Realität ist die Erfahrung von Schmerz, wenn eine Person eine heiße Herdplatte berührt; oder das Erleben der Röte beim betrachten eines Feuerwehrautos; oder das Gefühl der moralischen Abscheu beim Betrachten einer brutalen Tat.
Descartes akzeptierte die Idee, dass die psychologische Realität mit den physikalischen Prozessen im Gehirn der Person, in dessen Bewusstsein die geistige Realität stattfindet, in Beziehung steht. Aber er glaubte, dass diese psychologische Realität sich wesentlich von den physikalischen Eigenschaften unterscheidet. Dieser Unterschied ist die berühmte Cartesianische Trennung zwischen Geist und Materie.
Isaac Newton, der auf Descartes Ideen aufbaute, spezialisierte sich auf die physikalische Eigenschaften, und entdeckte die mathematischen Gesetze, die auf sehr detaillierte Weise die Bewegung der Planeten im Sonnensystem, den Orbit des Mondes um die Erde, die Gezeiten, und fallende Äpfel, sowie eine Reihe andere beobachteter Eigenschaften der physikalischen Welt beschreiben. Diese Newtonschen Gesetze würden, falls sie tatsächlich wahr wären, die gesamte Geschichte des physikalischen Universums determinieren, vorausgesetzt, es gäbe einen genau definierten Anfangszustand. Daher engen Newtons Gesetze ein effektives Eingreifen in das physikalische Universum auf die bloße Wahl der Anfangsbedingungen und der (als zeitlos angenommenen) physikalischen Gesetze der Bewegung ein. Diese beiden Vorgaben zusammen würden dann die Entwicklung des gesamten physikalischen Universums für alle Zeiten festlegen.
Zweihundert Jahre lang wurde den Philosophen dieses wissenschaftliche Dogma aufgezwungen, das uns, als kausale Agenten, zu bloßen Automaten reduziert, in dem unsere Vernunft und unsere moralischen Gefühle unmöglich unsere körperlichen Handlungen von dem Pfad abweichen lassen können, der durch die physikalischen Aspekte der Natur alleine vorgegeben ist. Die Macht der Natur wurde auf ähnliche Weise eingeschränkt: Außer am Anfangspunkt wurde kein effektives Eingreifen in das sich deterministisch entwickelnde physikalische Universum erlaubt.
Dann, während des ersten Viertels des 20. Jahrhunderts, wurden eine Reihe empirischer Beobachtungen gemacht, die mit der grundlegenden Auffassung der klassischen Physik nicht vereinbar waren. Diese frühere Theorie der Natur wurde auf der fundamentalen Ebene durch eine neue Theorie ersetzt, die auf radikal verschiedenen Grundlagen fußte.
Die neue Theorie namens Quantenmechanik wurde von ihren Begründern im Wesentlichen als eine Vorgehensweise präsentiert, um statistische Korrelationen zwischen „empirischen Ereignissen“ vorherzusagen, die man als einen Zuwachs an Wissen in unserem Bewusstsein betracheten kann. Auf diese Weise wurde „unser Wissen“, dass vorher als ein für die Physik nicht relevanter Nebeneffekt angesehen wurde, zu der eigentlichen Wirklichkeit, um die die gesamte Theorie herum aufgebaut wurde. Der mathematische beschriebene Zustand des physikalischen Universums wandelte sich von seiner früheren Rolle als die Repräsentation der Realität an sich, zu einem mathematischen Bewertungssystem, dass statistische Korrelationen zwischen experimentellen Ereignissen beschreibt.
Dieses pragmatische, oder praktische, Konzept der Quantenethorie wird die „Kopenhagener“ Interpretation genannt, weil es aus Diskussionen zwischen Niels Bohr, Werner Heisenberg, Wolgang Pauli und anderen hervorging, die Niels Bohr in seinem Institut in Kopenhagen um sich versammelte. Einige Jahre später wurde die ursprüngliche Version von dem berühmten Mathematiker und Logiker John von Neumann in eine mathematisch stringentere Form umformuliert.
Von Neumanns Formulierung, die sogenannte „orthodoxe“ Interpretation, kann als Beschreibung angesehen werden, die eine physikalische und eine geistige Welt beinhaltet, die miteinander wechselwirken. In dieser Version der Quantentheorie beschreibt der Quantenzustand nur den physikalischen Teil der Realität. Dieser beinhaltet Körper und Gehirne von „Agenten“. Diese Agenten sind sowohl innerhalb der physikalischen Welt Handelnde als auch bewusste Beobachter. Der Quantenzustand kann als eine Beschreibung gewichteter Wahrscheinlichkeiten, oder als „Möglichkeitsraum“, für das Auftreten psycho-physischer Ereignisse verstanden werden. Diese Ereignisse sind gleichzeitig sowohl ein „Anwachsen an Wissen“ im Bewusstseinsstrom der Agenten, als auch die damit verbundenen Veränderungen in deren Gehirn. Diese Geist-Gehirn Beziehung ist eine Realisation von Descartes Idee, dass der Geisteszustand im Bewusstsein einer Person mit den korrespondierenden physikalischen Ereignissen in dessen physikalischen Gehirn verknüpft ist.
Eine wichtge Eigenschaft der orthodoxen Quantentheorie ist die Wirksamkeit menschlicher geistiger Intentionen auf die Physik. Gewollte mentale Ereignisse treten in unserer bewussten Erfahrung auf, und sie spielen eine Schlüsselrolle in der Theorie. Dennoch legen die Gesetze der Quantentheorie nicht eindeutig fest, welche wahrgenommenen Ereignisse in einer gegebenen Situation tatsächlich auftreten werden. Deshalb gibt es eine kausale Lücke in der Theorie: Die gegenwärtig bekannten Gesetze bestimmen – unter vorgegebenen physikalischen Bedingungen – nicht, welches Ereignis tatsächlich eintreten wird. Folglich lässt die Theorie Raum für kausal wirksame geistige Einwirkungen auf das physikalische Universum.
Eine verwandte Eigenschaft der orthodoxen Quantentheorie ist, dass willentliche geistige Ereignisse, die im Bewusstsein einer Person auftreten, im Einklang mit den erwähnten orthodoxen Gesetzen, in der Lage sind, willentlich die wahrgenommenen körperlichen Handlungen dieser Person zu beeinflussen. Demnach muss innerhalb der orthodoxen Quantentheorie der „freie Wille“ nicht länger als die „Illusion“ betrachtet werden, als die die klassische Mechanik ihn erklärte.
Die Respektierung der Macht unserer eigenen willentlichen Handlungen innerhalb der physikalischen Welt ist selbstverständlich die rationale Basis unserer aktiven Involvierung in die physikalische Welt. Eine Leugnung dieser Macht verrät die Rationalität selbst: Wie kann man auf vernünftige Weise die Energie und die Anstrengung aufbringen, um für seine gefühlten Werte und bewusst erreichten Schlussfolgerungen gegen starke Widerstände zu handeln, während man gleichzeitig aufrichtig daran glaubt, dass alles, was geschieht, seit Beginn des Universums durch einen mechanischen Prozess determiniert ist, der alles geistige vollständig ignoriert?
Kausal wirksame Intentionen treten im quantenphysikalischen Prozess via einer damit verbundenen Auswahl an möglichen „Versuchshandlungen“ [Anmerkung Chris: Eine bessere Übersetzung von „probing actions“ ist mir nicht eingefallen. Gemeint ist eine Handlung, mit der etwas „ausprobiert“ wird] ein. Jede solche Handlung initiiert eine physikalische Fragestellung über bestimmte Eigenschaften der umgebenden physikalischen Welt. Es sind die phsycho-physischen Handlungen, und die Antwort der Natur auf sie, die nach den orthodoxen Regeln eine dynamische Verbindung herstellen zwischen der Erfahrung, die ein menschlicher Handelnder/Beobachtender macht, und den physikalischen Eigenschaften des Universums, in dem er lebt.
Jede Versuchshandlung initiiert einen Prozess, der eine positiv empfundene Antwort liefert, oder auch nicht. Solch eine positive Antwort ist das Auftreten eines wahrnehmbaren Ereignisses im Bewusstsein des Beobachters. (Damit die Versuchshandlung Information an den Handelnden zurückgeben kann, muss die erwartete positive Antwort eine Erfahrung sein, die der Handelnde wahrnehmen kann.) Ob diese erwartete Antwort gegeben wird oder nicht, muss natürlich, zumindest teilweise, davon abhängen, ob die spezifische Eigenschaft der umgebenden physikalischen Welt präsent ist oder nicht. Damit ist durch diesen zweiteiligen Prozess, der zum einen aus einer bestimmten Fragestellung und zum anderen aus dem Erhalt oder Nicht- Erhalt einer Antwort der Natur besteht, der Geist des Beobachtenden/Handelnden in der Lage, mit den Eigenschaften der umgebenden physikalischen Welt Kontakt aufzunehmen, und diese zu beeinflussen. Dieses Konzept der Natur liefert ein rationales Verständnis der Rolle des Universums und unseres Geistes, welches das klassische Konzept nicht liefert.
Ein eng verwandtes Thema, auf das dieses Buch konzentrieren wird, ist die „Quantenunsicherheit“. Selbst wenn der Quantenzustand des Universums vollständig festgelegt ist, ist die Antwort auf die Versuchshandlung einer Person normalerweise nicht vollständig festgelegt. Die Entscheidung darüber, ob eine positive Antwort auftritt, oder nicht, wurde von Paul Dirac, einem der Architekten der Quantenmechanik, als „Entscheidung seitens der Natur“ bezeichnet. Die Entscheidung der Natur darüber, was im Einzelfall tatsächlich geschehen wird, ist, ebenso wie die von einem Menschen gewählte Versuchshandlung, nicht durch die Gesetze der Quantenmechanik determiniert. Folglich sind in diesem spezifischen Sinne sowohl der Mensch als auch die Natur frei Handelnde.
In der Orthodoxen Quantentheorie werden diese „Entscheidungen seitens der Natur“ als vollständig zufällig postuliert. Das bedeutet, dass die Theorie den möglichen Antworten der Natur auf jede wohldefinierte Versuchshandlung statistische Gewichte (Wahrscheinlichkeiten) zuordnet. Jedoch wird für jeden individuellen Einzelfall angenommen, dass es für die Auswahl der Antwort keinerlei Ursache gibt: Es wird angenommen, dass eine bestimmte Antwort einfach „vom Himmel fällt“, ohne dass die Natur irgend einen Grund dafür hat, sich so zu entscheiden, wie sie sich entscheidet.
Diese Auffassung, dass die Entscheidungen der Natur wirklich zufällig sind, ist ziemlich seltsam. Wie kann etwas geschehen, ohne dass es irgendeinen Grund dafür gibt, dass es geschieht, anstelle von etwas anderem? Und wenn es für die Entscheidung über das, was geschieht, keinerlei Grund gibt, wie kann das dann zu berechenbaren statistischen Regelmäßigkeiten führen?
Es gibt eine sehr starke empirische Beweislage für die Gültigkeit der Vorhersagen der Quantenmechanik. Diese Vorhersagen beruhen direkt auf der Annahme, dass die Entscheidung seitens der Natur, ob eine positive Antwort gegeben wird, exakt das statistische Gewicht hat, das von den Quantenregeln vorgegeben wird. Dennoch gibt es regelmäßig Berichte über klare Verletzungen der quantenmechanischen Regeln.
Diese Phänomene wurden von herausragenden Wissenschaftlern mit Methoden untersucht, die gängigen wissenschaftlichen Standards genügen. Dennoch erfüllen die berichteten Phänomene nicht den Erwartungen, die aus einem klassisch mechanistischen Konzept des Universums gezogen werden würden. Wissenschaftliche Koriphäen wie William James und Sir William Crookes sind nur zwei von vielen herausragenden Wissenschaftlern, die ernsthaft Phänomene studiert haben, die jenseits des Spektums einer rein mechanistischen Weltanschauung liegen. Das exzellente Buch „Irreducible Mind“ von Edward und Emily Kelly und anderen, bietet einen nüchternen Überblick über solche wissenschaftliche Studien.
All diese Berichte auszuwerten, und sie von einer kritischen wissenschaftlichen Perspektive aus gesehen auf Glaubwürdigkeit und Signifikanz zu prüfen, ist eine enorme Arbeit. Ein solches Vorhaben liegt weit jenseits des Rahmens dieses Buches, das sich aber mit einigen prinzipiellen Fragen beschäftigen soll, auf die im Rahmen der Daten, die in einem einzigen kürzlich erschienenen wissenschaftlichen Artikel erschienen sind, sinnvoll eingegangen werden kann. Die angesprochene Arbeit berichtet von acht verschiedenen empirischen Befunden, die allesamt augenscheinlich die übliche Vorstellung von Kausalität verletzen, nämlich das Prinzip, dass kausal wirksame Information stets vorwärts in der Zeit fließt; und dass das, was „jetzt“ geschieht, nicht durch zukünftige, effektiv indeterministische Ereignisse beeinflusst werden kann. Ein Ereignis ist „effektiv indeterministisch“, wenn es auf zufällige Weise durch einen Prozess zustande kommt, der von einem Zufallszahlengenerator kontrolliert wird.
Ich behaupte nicht die logische Unmöglichkeit einer „I-Ching-Typ“ Dynamik. Damit meine ich eine Dynamik, in der scheinbar unabhängige Wahlen, die von scheinbar unverbundenen Zufallsereignissen getroffen wurden, dennoch auf eine Weise miteinander korreliert sind, die völlig jenseits aller normalen Vorstellungen von Kausalität liegt. Mein Ziel ist hier vielmehr, zu klären, wie die acht scheinbar retrokausalen Effekte, die in diesem einzen Artikel beschrieben sind, allesamt auf natürliche, sinnvolle, und vorwärts-kausale Weise erklärt werden können, indem man die meiner Ansicht nach unnatürliche Vorstellung aufgibt, dass die Entscheidungen der Natur rein zufällig in dem Sinne sind, dass das, was im Einzelfall geschieht, aus keinem sinnvollen Grund geschieht. Alle berichteten empirischen Beobachtungen, die im genannten Artikel beschrieben sind, können direkt im Sinne einer vorwärts in der Zeit verlaufenden Kausalität erklärt werden, indem man erlaubt, dass die Natur machmal leicht tendenziös gegen die orthodoxen Vorhersagen entscheidet, zugunsten positiver Erfahrungen, und zu ungunsten negativer Erfahrungen.
Der beschränkende Zugang, nur die Ergebnisse zu betrachten, die in einem einzigen Artikel erschienen sind, hat den Vorteil, die Menge der empirischen Daten, die erklärt werden müssen, zu begrenzen. Leser, die mit dem großen Umfang an Literatur über diese Phänomene nicht vertraut sind, können auf diesen einzelnen Artikel zurückgreifen, ohne vor der gewaltigen Aufgabe zu stehen, einen Berg an wissenschaftlichen Berichten auszuwerten.
Natürlich kann ein einzelner Artikel, der über diese Effekte berichtet, nicht ernst genommen werden, wenn er nur allein betrachtet wird. Aber die dort genannten Experimente wurden durch eine lange Reihe früherer Experimente motiviert, die über Anomalien dieser Art berichteten, und können als deren Weiterentwicklung betrachtet werden.
Der Artikel, um den es geht, liefert eine Sammlung an psychologischen Experimenten von offenbar hoher Qualität. Er passierte den Begutachtungsprozess einer anerkannten psychologischen Zeitschrift, und wurde von einem hoch angesehenen Phychologen, Daryl J. Bem an der Univertität Cornell geschrieben.
[Anmerkung Chris: Stapp bezieht sich im folgenden Teil, den ich hier weggelassen habe, auf psychologische Experimente, die von dem Psychologen Daryl J. Bem in einem wissenschaftlichen Artikel veröffentlicht wurden. Die statistisch signifikanten Ergebnisse dieser Studien deutet Bem als „retrokausale Effekte“, was soviel bedeutet wie, dass Ursache und Wirkung zeitlich vertauscht auftreten; dazu gehört z.B. die „Erinnerungen“ an Ereignisse, die noch nicht stattgefunden haben, weil sie erst nach der Befragung der Testperson durch einen Zufallsgenerator ausgelöst werden.
Stapp erkennt die Ergebnisse dieser Studie an, schlägt jedoch eine andere Interpretationsmöglichkeit vor: Antstatt von Retrokausalität zu sprechen, bevorzugt es die Vorstellung, dass die Natur auf die von den Versuchspersonen erwarteten Resultate positiv (im Sinne der Versuchsperson) antwortet:]
Der genannte Neigung der Natur, Entscheidungen zugunsten positiver Emotionen und zu ungunsten negativer Emotionen, ist lediglich ein 2% oder 3% Effekt — obwohl er bei Persönlichkeiten, die auf der Basis einer vor dem Experiment durchgeführten Befragung als „extrovertiert“ eingestuft wurdem, gut doppelt so groß war. Die geringe Größe dieses Effekts legt jedoch nahe, dass die Empfindlichkeit auf menschliche Emotionen stark von der beherrschenden „Gleichgültigkeit“ der Natur dominiert wird. Daher kann diese Neigung zugunsten positiver Emotionen als zu gering erachtet werden, um all die Widrigkeiten abzuwehren, die gelegentlich über uns kommen, kollektiv und individuell.
Eine Neigung der Natur, wie sie in Bems Experimenten zutage tritt, würde einen Bruch in unserem wissenschaftbasierten Verständnis der Natur und unsere Rolle in ihr bedeuten, der mit dem Sprung von der klassischen Mechanik zur Quantenmechanik vergleichbar ist.
Das wesentliche Anliegen dieses Buches ist folglich, zu klären, wie die berichteten Phänomene, die scheinbar der gesamten Struktur der vorwärts in der Zeit gerichteten Kausalität der orthodoxen Quantenmechanik widersprechen, auf natürliche Weise erklärt werden können, ohne die normale Vorstellung von Ursache und Wirkung zu verletzen, einfach indem die Forderung, dass die Entscheidungen der Natur rein zufällig sind, gelockert wird. Eine Lockerung dieser Forderung erlaubt der Natur, leicht zugunsten menschlicher Emotionen zu entscheiden. Es ist weder unnatürlich, noch irrational, noch unwissenschaftlich, entweder der Natur einen Grund für die Entscheidungen, die sie fällt, zuzubilligen, oder eine Beziehung zwischen diesen Entscheidungen und einer geistigen Realität für möglich zu halten. Letztere ist von einer quantenmechanischen Perspektive aus betrachtet ein wesentlicher dynamischer Bestandteil der Realität als Ganzes.
Um solche Abweichungen von den bisher bekannten Gesetzen messen zu können, gilt es natürlich, die Variablen zu identifizieren, in denen die Abweichungen auftreten. Es wird argumentiert werden, dass, solange solche Variablen nicht identifiziert werden können, die orthodoxen Vorhersagen ihre Gültigkeit behalten sollen.
Anmerkung Chris: Hier argumentierte ich, dass in der Theorie der Quantenmechanik die Faktoren Wille, Notwendikeit und Zufall mehr oder weniger gleichberechtigt nebeneinander vorkommen. Wenn man die Quantentheorie so weiterentwickeln könnte, dass man einen dieser Faktoren rausschmeißen könnte, für welchen würde man sich entscheiden? Die Willensfreiheit zu eleminieren wäre keine gute Lösung für und Menschen, wie Stapp dargelegt hat. Das ist eher das Metier neoliberaler Philosophen und Gehirnforscher. Würde man dagagen die Notwendigkeit eleminieren, würde man die Wissenschaftlichkeit der Quantentheorie aufgeben: Es wären dann keine mathematischen Vorhersagen über zukünftige Ereignisse mehr möglich, die man an Experimenten überprüfen könnte, nicht einmal statistische. Auch keine gute Lösung. Deshalb würde ich mit Stapp konform gehen und am ehesten den Zufall opfern. Der Zufall hat per definitionem keinerlei Ursache. Als Menschen möchten wir aber den Sinn für etwas wissen, was geschieht. Wenn der menschliche Geist fähig ist, scheinbar zufälligen Ereignissen einen Sinn zuzuschreiben, der sich dann tatsächlich in der physikalischen Welt manifestiert, würde es sich lohnen, eine physikalische Theorie zu haben, die diese Fähigkeit respektiert.