Jetzt komme ich einmal zu dem Thema, das ich mir für die Namensgebung meines Tagebuches herausgesucht habe. Aus dem Alltag kennen wir drei grundlegend verschiedene Ursachen für Ereignisse:
1. Die Notwendigkeit (Kausalität): Hier handelt es sich um eine mechanische Ursache. Die Ursache dafür, dass der Wecker um 7 Uhr klingelt, ist, dass das Uhrwerk so eingestellt wurde und nach vorausberechenbaren Gesetzmäßigkeiten abläuft. Die Ursache für eine Sonnenfinsternis ist, dass Mond, Erde und Sonne sich nach den Gravitationsgesetzen umeinander bewegen. Die Notwendigkeit als Erklärung von Phänomenen hat spätestens seit Newton der Naturwissenschaft zum Siegeszug verholfen.
2. Der Zufall: Wenn wir keine kausale Ursache für ein Ereignis kennen, sagen wir, es hat sich zufällig ereignet. Man muss allerdings zwischen einem „scheinbaren“ und einem „echten“ Zufall unterscheiden. Ein scheinbarer Zufall wäre ein Ereignis, das eigentlich eine kausale Ursache hat, die wir aber entweder nicht kennen, oder die zu komplex ist, um sie zu erfassen. Ein Beispiel für einen solchen scheinbaren Zufall wäre der Wurf eines Würfels: Wenn man alle auf den Würfel wirkenden Kräfte kennen würde, könnte man das Wurfergebnis vorausberechenen, aber das ist zu kompliziert, Darum erscheint das Wurfergebnis zufällig. Ein „echter“ Zufall dagegen, wäre ein Ereignis, für das im wirklichen Universum keine Ursache existiert. Echter Zufall ist meines Wissens nach nur in einer einzigen physikalischen Theorie möglich, nämlich in der Quantentheorie. Der Zufall als Erklärungsmodell hat sich in der Naturwissenschaft erst in der 2. Hälfte des 19. Jahrhunderts durchgesetzt: Einmal in der Physik, als Ludwig Boltzmann und James Clark Maxwell die Wärme als die zufällige Bewegung von Molekülen beschrieben, zum anderen in der Evolutionstheorie und dem guten alten Darwin, dessen Namen heut zu Tage wirklich keiner mehr hören kann.
3. Der Wille: Jeder, der noch halbwegs richtig tickt, geht beim Betrachten der Pyramiden von Gizeh davon aus, dass sie von jemadem genauso gewollt waren, wie sie da in der Wüste rumstehen. Die Pharaonen hatten offensichtlich den Plan dieser Pyramiden im Kopf, bevor diese dort standen. Wenn jemand den linken Arm hebt, kann man davon ausgehen, dass er genau dies wollte, solange er seinen Arm unter Kontrolle hat (was ja nicht in jedem Fall so sein muss). Im Falle, dass die Person gesund ist, würde kein vernünfiger Mensch auf die Idee kommen, die Ursache der Armbewegung auf Notwendigkeit und Zufall zu reduzieren, aber leider hat sich dieser Schwachsinn in der Hirnforschung, die sich als Naturwissenschaft verstehen, durchgesetzt. Dazu war sie gezwungen, da der Wille in der Naturwissenschaft als Erklärung unerwünscht ist. Einzige Ausnahme auch hier: Die Quantentheorie — zumindent in der gängigen Kopenhagener Interpretation und ihrer Abwandlungen. Der Wille ist die Fähigkeit eines geistigen Individuums, Ursache für Phänomene in der physikalischen Welt zu sein, ohne selbst physikalische Ursachen zu haben. Hier spielt der Dualismus Geist/Physik hinein.
In der Naturwissenschaft sind, wie bereits erwähnt, die Ursachen 1 und 2 Gang und Gäbe. Was Kausalität und Zufall betrifft, ist sie völlig rational. Was jedoch Nr. 3, den Willen betrifft, befindet sie sich auf Kindergarten-Niveau. Der Wille ist in einem Fall „pfui“, im anderen plötzlich Pflicht und darf nicht geleugnet werden. Pfui ist er, wie bereits erwähnt, in der Hirnforschung: Dort wird einfach vorausgesetzt, dass alle Phänomene des Bewusstseins auf physikalische Prozesse vom Typ 1 und 2 im materiellen Gehirn zurückgeführt werden können, und daraus wird trivialerweise gefolgert, dass es drei nicht geben kann. Big deal — das ist seit über 100 Jahren nichts wesentlich Neues — trotzdem wird so getan, als ob Spielereien wie das Libet Experiement so eine Sensation sei. Ein weiterer Zweig, in der der Wille Pfui ist, ist die Evolutionstheorie. Jeder der, in welcher Form auch immer, darüber ins Zweifeln kommt, ob das Entstehen von Leben und der Artenvielfalt auf der Erde andere Ursachen als 1 und 2 haben könnten, kriegt von Richard Dawkins‘ Rapper Truppe eins auf den Deckel.
Pflicht dagegen ist die Einbeziehung des Willens beispielsweise bei erwähnten Klimaforschung. Hier muss der Mensch als ursachenlose Ursache von Katastrophen aller Art angesehen werden. Ja was denn nun? Ich dachte, der Mensch ist auch nur das Ergebnis von zufälligen Mutationen + natürlicher Auslese? Bitte, sach ich ja: Kindergartenniveau eben.
Wie ich bereits erwähnte, gibt es unter den physikalischen Wissenschaften eine (möglicherweise sogar die einzige) löbliche Ausnahme, die mittlerweile auch schon das 100-jährige Jubiläum hinter sich hat: Die Quantentheorie. In ihrer gängigen Interpretation treten alle drei Ursachenarten 1, 2, und 3 in gleichberechtigter Weise auf. Der QT habe ich vor mittlerweise drei Jahren den Rücken gekehrt, und trauere ihr heute auch manchmal nach. In späteren Einträgen möchte ich aber noch einmal auf diese zurückkommen.
Eine andere wichtige Frage, die noch behandelt werden muss, ist auch, warum sich die etablierte Wissenschaft mit der Frage nach dem Willen so dämlich anstellt. In anderen Worten könnte man auch fragen, wer hat die Wissenschaft aufgekauft und ihr den Geist/Willen ausgetrieben?